
‘Du musst damit beginnen Fliegen zu binden, möchtest Du als Fliegenfischer ernst genommen werden.‘
Mit diesen Worten begann mein Interesse am Fliegenbinden. Gerade mal neun Monate hielt ich zu diesem Zeitpunkt die Fliegenrute in der Hand. Ich wollte dazu gehören, wollte Forelle & Äsche mit eigenhändig gefertigten Mustern fangen. Viele einschneidende Feststellungen konnte ich seit jenem Tag machen.
Als vermeintlichem Grobmotoriker, fiel mir das Hantieren mit Flügeln, Schwänzchen, Flusenkörpern leichter als ich es mir vorstellen wollte. Basteln, Handwerken, Schrauben, Frisieren – nennt es wie Ihr möchtet – mein Leben lang konnte ich mich nicht dafür begeistern. Mehr noch, der Aufgabe mit eigenen Händen etwas zu erstellen, sah ich mich nicht gewachsen. Erstaunlich daher, wie viel Freude ich am Bindestock entwickle, wie meine gefühlte Unbegabtheit in Vergessenheit gerät. Mehr noch als ich selbst, geben mir Forelle & Äsche das Gefühl, im Stande zu sein den Code zu knacken.
Der Vorsatz des Fliegenbindens als geldsparende Maßnahme ist Selbstbetrug. Das Glitzern, die Formvollendung, die Buntheit, die Originalität, die Naturgetreue von Kunstfliegen in Tackleshops, Magazinen und Videos – all diese Qualitäten lassen mich viel zu oft zur Kreditkarte greifen. Will ich doch die allerletzten ‚muss man haben‘ und die verlässlichsten Muster der letzten hundertfünfzig Jahre, nach bestem Können nachahmen. Bis zum Eintreffen der Materialbestellung, ließ ich mich bereits von einem neuen 100% Fischfänger für ‘ultra-selektive’ Forelle & Äsche an hart befischten Gewässern überzeugen. Der kommende Urlaub verlangt nach bewiesenen Verführern lokalen Kolorits, deren Grundmaterialien just in diesen Farben und jener synthetischen Zusammensetzung noch nicht ihren Weg in meine Materialschubladen fanden. Und schon tippe ich wieder Ablaufdatum und Sicherheitscode ein.
Fliegenbinden, oder der Versuch ein unentdecktes Muster zu entwickeln, welches universell seine Fängigkeit in Flüssen und Seen auf allen Kontinenten dieser Welt beweisen könne, welches semi- oder ultrarealistisch natürliche Vorbilder nachahmt, kann zur Obsession werden. Nicht wenige Fliegenbinder würden vor die harte Wahl gestellt – nie mehr binden, oder nie mehr fischen – sich für letzteres entscheiden. Betreten der Spielwiese Fliegenbinden auf eigene Gefahr. Und letztendlich zählt nur eines.
Forelle & Äsche schnappen nach künstlichen Fliegen aus drei Hauptgründen:
- aus Hunger – selbstgebundene Fliegen werden für Nahrung gehalten
- aus Neugierde – obwohl die angeknüpfte künstliche Fliege keiner natürlichen Vorlage ähnelt, wundern sich Forelle & Äsche ob es sich beim von uns präsentierten Objekt um Nahrung handelt
- aus Aggression – das eigene Revier gilt es gegen Eindringlinge zu verteidigen
Hunger ist der konsistenteste und transparenteste Antrieb. Es ist besonders erfreulich die für den jeweiligen Moment richtige Nahrungsquelle zu erkennen oder zu erraten, eine geeignete Imitation zu wählen, diese naturgetreu zu präsentieren und unsere Beute zu einem beherzten Biss anzuregen.
Die meisten Forelle & Äsche Fliegen, die ich auf diesem Blog vorstellen möchte sind Imitationen oder Impressionen der natürlichen Nahrungsquelle. Interessanterweise, bevorzugen Forelle & Äsche oft Fliegen die einen vagen Eindruck ihrer Beute vermitteln, gegenüber einer perfekt gebundenen Nachbildung des natürlichen Vorbilds. Dieser Umstand bietet uns allen Trost, denen Geduld oder Geschick zur haargenauen Nachstellung fehlt.
Wer von uns Bindern erinnert sich nicht an die Freude, sowie die Verwunderung, über erste Erfolge mit selbstgebundenen Fliegen. An jene Tage an denen alle teuer erstandenen Fliegen verschmäht wurden. Mehr aus Verzweiflung als Überzeugung wurde die unpräzise gebundene Eigenkreation angeknotet. Und unsere Beute? Überschlug sich vor Eifer die schlampig Selbstgebundene zu packen.
Ob Neuling oder alter Hase, erinnern wir uns der Weisheit –
Kunstfliegen fangen mehr Fischer als Fische

An den meisten Gewässertypen die Fliegenfischer antreffen reicht für den Grossteil aller Situationen, eine allgemein naturgetreue Nachbildung der Insekten die vorzufinden sind. Die Präsentation der Fliege, die Fähigkeit Gewässer und deren Eigenheiten zu lesen, sowie Forelle & Äsche und deren Standorte zu sichten, ist für den Fang derselben von größerer Bedeutung als eine haargenaue Imitation der schlüpfenden Insekten.
Häufig langt uns Fliegenfischern rudimentäres Wissen um Erscheinungs-zeitfenster und Aussehen bestimmter Insektengruppen um vergnügliche und erfolgreiche Tage am Wasser zuzubringen. Basale Grundkenntnisse über Größe sowie Farbe, der in diesem Moment anzutreffenden Insekten sind dabei ausreichend. Zahllose, und durchaus sehr erfolgreiche, Vertreter unserer Zunft beschränken die Auswahl ihrer verwendenden Muster auf ein bis zwei Handvoll auf das ganze Jahr verteilt.
Diese zweifelsohne erfolgreiche Taktik, die darauf abzielt das Forelle & Äsche über weite Zeiträume aus Hunger oder (Neu-) Gier wahllos nach allen an ihnen vorbeitreibenden Insekten schnappen, ist nicht auf jene Momente vorbereitet, an denen Fische sich sehr selektiv und exklusiv einer einzigen Insektenart oder einem bestimmten Insektenstadium widmen. Jeder von uns hat seine eigenen Erinnerungen an Tage, an denen inmitten eines intensivsten Schlupfs, unsere Beute die von uns präsentierte Künstliche um keinen Preis annehmen wollte.
Welches Fliegenmuster zu welcher Zeit angebunden wird, ist ein Rätsel das Fliegenfischer seit Menschengedenken beschäftigt. Der Fliegenfischer mit entomologischer Ahnung befindet sich definitiv im Vorteil, gegenüber seinen Kollegen deren Interesse sich nicht bis in diese Wissenschaft erstreckt.

Allen, deren Zeit nicht für die intensive Auseinandersetzung mit Insektenkunde reicht, sei der Trost ausgesprochen, dass grundlegendes Verständnis von Entomologie ausreicht um schlüpfende Insekten dem geeigneten Imitat in der Fliegendose zuzuordnen.
Bindeanleitungen zu bevorzugten Mustern gibt es in der unteren Menüleiste zu entdecken. Klickt auf die Kategorie ‘Bindemuster‘.
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