
© flickr: Hans Hillewaert
Als ich im Dezember einen Ausflug an den River Test machte, wurde ich begleitet von einem Fliegenfischer, dem es nicht reichte kurz die Lage am Fluß einzuschätzen, bevor eine kleine schwere Nymphe ans Vorfach geknüpft wurde. Ein selbst gebasteltes Netz wurde ausgerollt und die beiden Hölzer an beiden Enden in den Flussgrund gedrückt. Mit dem Watschuh wurde kurz im Grund geschart, um zu sehen welche Lebewesen sich zwischen Steinen und Kiesel aus ihrem Versteck aufwühlen ließen. Das Ergebnis war verblüffend und ein Beleg für das reichhaltige Nahrungsaufkommen selbst zur winterlichen Zeit.
Neben zwei Koppen – einer Hauptnahrungsquelle zu Saisonbeginn für Forellen – fanden sich viele Eintagsfliegennymphen im Jungstadium, zahlreiche köcherlose und köchertragende Sedge/Caddis Larven. Ein Lebewesen jedoch, übertraf alle anderen im Verhältnis von 70:30 – der Bachflohkrebs. Dicht gedrängt verfingen sie sich in den feinen Maschen. Unsere Beute in eine große Schüssel geleert offenbarte ein interessantes Bild. Erstens die flotte Fortbewegung der Bachflohkrebse die mit kräftigen Bewegungen der unzähligen kleinen Beinchen, ruckartig ihre Runden durch die Schüssel drehten. Zweitens das breite Größenspektrum der durchsichtig erscheinenden kleinen Krebs: von Hakengröße 10-18 war alles vertreten.
Aus der Dichte der vorhandenen Tierchen den Rückschluss daraus zu ziehen, dass diese Lebensform in allen Gewässern anzufinden ist wäre aber nicht ganz zutreffend. In Bächen und kleineren Flüssen findet er sich am häufigsten in Mittel- und Unterläufen. An großen Flüssen ist er noch an den Oberläufen anzutreffen, findet sich aber kaum in den unteren Abschnitten ein. Der Uferbewuchs erlaubt ebenfalls Einblicke ins Auftreten von Bachflohkrebsen an unseren Gewässern. Als Hauptnahrungsquelle dient den heimischen Gammarus Falllaub, weshalb er von Biologen gerne auch als ‘shredder’ bezeichnet wird. Doch nicht jede Blattsorte wird von ihnen gleich geschätzt. Härtere Blätter wie die von Buchen und Eichen sind als Nahrung ungeeignet. Das weiche Laub von Erlen, Pappeln und Weiden ist hingegen wie gemacht für das zangenförmige Beißwerkzeug. Wessen Gewässer von Nadelbäumen gesäumt ist, darf sich wenig Hoffnung auf ein Vorkommen von Bachflohkrebsen machen. Und auch an sauren Gewässern mit hohem ph-Wert wie z.B. an Moorflüssen, trifft man sie sehr selten an.
Marco Reisen – Epoxy Bachflohkreb (Gammarus)
Bachflohkrebse die während ihrer ganzen Lebensdauer (1-2 Jahre) wachsen, durchlaufen mehrere Häutungen während ihres Lebens. Nach der Häutung erhalten sie die im oben abgebildeten Foto durchsichtige, geleeartige Farbe. In nur wenigen Tagen kann sich die Außenhaut wieder verhärten und nimmt dadurch einen dunkleren Ton an. Das Farbspektrum reicht dabei von grau, oliv, braun bis orange. Charakteristisch für Bachflohkrebse ist der seitlich abgeflachte Körper, der den Tieren einen relativ runden Buckel verleiht. Für diesen kam in den letzten Jahren eine nicht zu unterschätzende Bindehilfe auf den Markt – Soft Tungsten Bodies. Wie dieses Material in ein Muster verarbeitet werden kann, möchte uns Marco Reisen mit seiner Bindeanleitung zeigen.
Bindematerial
Haken: Hayabusa Scud #10
Bindefaden: UNI grey 8/0
Rippung: UNI black 6/0
Körper: Soft tungsten, bemalt
Fühler/Beinchen: Rebhuhn (partridge) grau/braun
Finish: Loop UV Fly Finish
Haken einspannen und Grundwicklung legen.
Einge Fibern einer Rebhuhnfeder werden als Schwänzchen eingebunden.
Mit dem Bindefaden nach vorne und wieder zuück gehen und hinten ein Rippungsfaden einbinden.
Eine Rebhuhnfeder vom Flaum befreien, und die Fibern nach hinten ziehen, die Spitze der Feder im vorderen Teil der Fliegen obenauf festbinden.
Der Bindefaden wird vorne belassen, mit dem Rippungsfaden wird die Feder nun hinten festgebunden.
Der bemalte Softtungsten Body wird von oben auf den Haken gesteckt. Dabei drückt der Körper die Fibern der Rebhuhnfeder schön nach unten.
Anschließend wird mit dem Rippungsfaden der Körper festgebunden.Mit einem Whipfinish wird der Rippungsfaden abgeschloßen und abgeschnitten.
Anschließend werden noch die Fühler eingebunden. Dazu wie beim Schwänzchen einige Fibern einer Rebhuhnfeder nach vorne stehend einbinden. Mit feinem Dubbing wird der Übergang vom Soft Tungsten Body zum Öhr ausgefüllt. Ein Kopfknoten unterhalb der Fühler stellen diese etwas auf. Die Bindephase ist abgeschloßen
Mit Epoxy oder UV-FlyFinish von Loon wird der Körper in Form gebracht.
Der Körper wird in 2 Schichten komplett überzogen. Der Fertige Bachflohkrebs in weniger als 3 Minuten gebunden.
Für Marco Reisen stellt diese Fliege ein reines Gebrauchsmuster dar, welches rasch gebunden wird. Durch den Soft Tungsten Körper sinkt diese Imitation recht schnell in die Tiefe. Durch das Bemalen des Körpers kann man diverse Farbschattierungen nachahmen. Beim gezeigten Muster hat er Grau als Grundton gewählt und mit Olive gesprenckelt. Alle verwendeten Bindematerialien sind erhältlich bei Marios Fliegendose.
Sven Ostermann – Bachflohkrebs
Gammarus Imitationen werden nicht erst seit dem Aufkommen moderner Bindematerialien realisiert. Die Beschwerung und der buckelige Rücken, lässt sich auch gut mit traditionellen Bindematerialien erzielen und in wenigen Bindeschritten durchführen. Eichhörnchen Dubbing eignet sich sehr gut aufgrund der hohen Dichte an steifen Deckhaaren zur Imitation der Beinchen und des Unterkörperflaums von Bachflohkrebsen. Doch auch Hasenohrfell kann als Grundmaterial herangezogen werden, wenn das Dubbing der fertigen Fliege gut gebürstet wird.
Bindematerial
Haken: geschränkter Buckelhaken (Partridge K4A #12-16)
Bindefaden: Dyneema
Unterkörper: doppelte Lage Bleidraht
Rippung: 0,20er Monofis braun
Schwänzchen: Rebhuhnrupf
Körper: graubraunes Eichhörnchendubbing, (dunkel für dunkle Gewässer)
Rückenschild: Flexistretch grau
Fühler: Rebhuhnrupf
Wickelblei am Haken anbringen. An der Körpermitte eine zweite Lage aufschichten.
Das Blei umwickeln und an der Hakenbeugung das zur Rippung gedachte Monofil einbinden.
Danach einige Fibern Rebhuhn als Schwänzchen befestigen.
Zuletzt an der selben Stelle das Rückenschildmaterial befestigen. Exakter einbinden lässt sich das Flexistretch, wenn das Ende dreieckförmig spitz zugeschnitten wird.
Danach das Dubbing – soviel Oberfell wie möglich – am ganzen Körper anbringen.
Das Flexistretch über den Körper legen und niederbinden. Trotzt des irreleitenden Namens, das Material nicht strecken sondern locker ablegen.
Durch die Rippung wird nicht nur eine realistische Körpersegementierung vorgenommen, sonder auch der Rückenschild sicher befestigt.
Nun erneut einige Rebhuhnfibern zur Hand nehmen und mit den Spitzen nach vorne einbinden.
Zuletzt abbinden und mit einem Kopfknoten versehen. Diesen unter den Rebhuhnfibern anbringen um diese aufzurichten.
Beide gezeigten Anleitungen sind einfach auszuführen und gehören in jede Fliegendose – örtliches Auftreten von Bachflohkrebsen vorausgesetzt. Mit den Farben kann und soll variiert werden. Viel Spaß beim Binden wünschen Marco Reisen und Sven Ostermann!
Hallo Paul,
“Safer Tying” ;-)
Scherz beiseite, das ist ein “Automatic Bobbinholder” von NorVise. Der Faden wird durch Federzug immer auf Spannung gehalten, daher braucht es das “Verhüterli” zum Festhalten des Fadens im unbenutzten Zustand. Zudem ist es natürlich ein guter Schutz für das Keramikröhrchen.
Danke für das teilen von eurem Wissen!
Mit einem Bachflohkrebs habe ich schon schöne Barben gefangen und ich freue mich schon auf dieses Angeljahr mit all seinen Überraschungen!
Was hat die rote Kappe auf dem Bobbin von Sven Ostermann für ein zweck? ich habe mir bestimmt schon zehn mal die Frage gestellt und nun bekomme ich vielleicht eine Antwort.
Grüße aus Heidelberg und Frankreich!
Danke Dir Paul, für den regelmäßigen Besuch dieser Seite! Deine Erfahrung zum Gammarus finde ich interessant, da dieses Muster ebenfalls mein erfolgreichstes Barbenmuster ist. Zur roten Kappe muss ich auch Sven fragen. Meine Vermutung wäre folgende: um die feine Röhre des Bobbins vor Staub und Schmutz zu schützen, setzt man ihm die Kappe auf. Werde Deine Frage nun an Sven weiterleiten.
Beste Grüße, Tankred