
Komme ich beim Fischen an Bäumen vorbei, deren tiefhängende Äste schon anderen vor mir beim Wurf zum Verhängnis wurden, kann ich es nicht lassen, den unfreiwilligen Baumschmuck zu pflücken. Sofern möglich sollten die baumelnden Zeugen eines missratenen Wurfs sofort entfernt werden, auch wenn es bedeutet, durch den fängig erscheinenden Lauf stampfen zu müssen. 1:0 für den Fisch ist dabei meine Devise. Bei den Beutegängen an den Hinterlassenschaften anderer Angler, treffe ich mit regelmäßiger Häufigkeit auf Imitationen einer Insektenart, die in meiner Fliegenbox so gut wie keine Bedeutung spielt: Steinfliegen.
Warum das so ist kann ich nicht erklären. Vielleicht liegt es am Umstand, dass Steinfliegen Indikatoren für besondere Gewässergüte sind und gar nicht so oft anzutreffen sind. Möglicherweise auch daran, dass man sie im Flug selten zu Gesicht bekommt, da das Insekt zur Paarung an Land kriecht. Oder vielleicht ist meine Vorliebe für eher klein gehaltene Fliegen ausschlaggebend – Fliegen der Hakengröße 12 sind schon ziemlich das Maximum an Länge, die in meiner Box zu finden sind. Vom ein oder anderen Streamer, Damsel Nymphen oder den Maifliegen mal abgesehen. Seit Langem nehme ich es mir nun schon vor, die großen Vertreter dieses Insekts endlich zu binden. Da ich im letzten Jahr eine, gemessen an den seltenen Begegnungen die ich bisher mit diesen Insekten hatte, tagelang anhaltende Flugzeit bezeugen durfte, möchte ich mein Vorhaben in diesem Jahr wirklich umsetzen.

Die hierzulande größte und auch bekannteste Vertreterin ist die Large Stonefly (Perla) mit ihrer charakteristischen Körperzeichnung. Mein Vereinskollege fing damit im letzen Juni eine prächtige Äsche mit einem Muster auf Hakengröße 8 – undenkbar unter meinen Mustern. Wenn es jemals einen Beweis brauchte für die Marketing Maxime: “Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler”, so wurde das an diesem Tag eindrucksvoll belegt.
Nun stecke ich in den Vorbereitungen für den Beginn der Forellensaison in wenigen Tagen und erinnere mich an das zeitige Frühjahr des letzten Jahres. Bei ähnlich lauschigen Temperaturen wie an diesem Wochenende, waren deutliche Ringe an der Wasseroberfläche auszumachen, obwohl kein Insektenschlupf zu beobachten war. Eintagsfliegen Emerger die eigentlich immer meine Bank bei ähnlichen Verhältnissen waren, wurden geflissentlich ignoriert. Mit tief geführten Nymphen war ich zwar erfolgreich, doch ärgerte es mich, kein Nassfliegen- oder Trockenfliegenmuster gefunden zu haben, um diese oberflächenaktiven Fische zu fangen.

So bin ich ins Grübeln gekommen und zählte eins und eins zusammen: Treffe ich auf große Frühjahrs-Steinfliegen, die im letzten Jahr etwa um Mai/Juni herum schlüpften, sind möglicherweise auch andere Steinfliegen in unserem Gewässer zu Hause. Meine Vergesslichkeit das Datum des Schlupfs betreffend ist ein klarer Hinweis, warum es sich wirklich lohnt, ein Fischtagebuch zu führen. Nicht nur ein Fangbuch, sondern eines, das Schlüpfe, Wetterverhältnisse und Wasserstände genauso festhält.
Unser Fluss, gespeist mit kaltem Tiefenwasser aus einem Stausee, erwärmt sich erst im Mai so richtig und nicht früher. Keine guten Voraussetzungen für den Schlupf zum Saisonauftakt von selbst kälteresistenten Insekten wie der Baetis Rhodani (LDO – Large Dark Olive), die zu den Frühjahrsboten des Fliegenfischens zählen. Die Märzbraune trifft man sowieso seltener an, als es ihr Name vermuten lässt. Ein Insekt aber, auf das man aber schon zeitig im Jahr stoßen kann, ist die Steinfliege namens February Red.
Laut Walter Reisinger ist diese Gattung sowohl in alpinen Bächen, als auch in größeren Flüssen der Mittelgebirgsregion anzutreffen und “allen Vertretern dieser Gattung ist eine sehr frühe Flugzeit gemeinsam.” Die größte Hoffnung schöpfe ich aber aus seinem Schlusssatz in Entomologie für Fliegenfischer zu diesem Insekt: “Besonders im zeitigen Frühjahr, wenn Eintagsfliegen nur vereinzelt um die Mittagszeit am Wasser zu sehen sind, kann man mit der ‘February Red’ bisweilen einen guten Fisch überlisten.” Wenn das nicht Mut macht!
Als begeisterten Nassfliegenangler – besonders Spiders haben es mir angetan – sprang mir dabei ein Muster ins Auge, das gerne als Flymph bezeichnet wird. Also einer Mischung aus Dry Fly / Nymph, deren Begriff auf die beiden amerikanischen Fliegenfischer Pete Hidy und Jim Leisenring zurückgeht. Ich bevorzuge den Begriff Soft Hackle Fly. Und da die February Red ein eher klein gehaltenes Insekt ist (Hakengröße #14-16) entspricht es auch meinen Vorlieben beim Binden.
Da der sympathische Norddeutsche Alois Trübner aber bei weitem besser bindet und fotografiert als ich, habe ich ihm wieder die Aufgabe überlassen, für uns alle die February Red in Szene zu setzen.

February Red Soft Hackle Fly (Nassfliege)
Haken: Partridge Sproat Wet #14
Faden: Semperfli Waxed Thread Rot in 8/0
Schwänzchen: lange Softhackle von Whiting Brahma Hen Saddle in Olive
Thorax: Mayfly.se Special Dubbing Mix Forest Blend & kürzere Hen Softhackle Whiting Brahma
Kopf: Abschlussknoten mit Raidzap Super Thin gesichert.
Sollte mein Angebot an oberflächennahen Steinfliegenmustern auf wenig Interesse stoßen, kann ich noch immer auf eine Nymphe einer Little Black Stonefly zurückgreifen. Da auch die größten Steinfliegen Nymphen erst heranwachsen müssen, um ihre tatsächliche Größe zu erreichen, sollte es mit der ‘kleinen schwarzen’ auch gut gelingen.

Little Black Stonefly (Alois Trübner)
Haken: Sprite Hooks Living Nymph Wet #14
Thorax: Semperfli Tungsten Slotted Beads 2.3mm Mottled Black Gold +
Sybai Body Stretch 4mm schwarz und Hardline Polar Dub Black
Faden: Semperfli Waxed Thread Rot in 8/0
Schwänzchen/Antennen: schwarze Rubberlegs #S
Abdomen: Crystal Tec Elastik Stretch 0,6mm schwarz
ALOIS TRÜBNER: Vom Spinnangeln kommend, drückte dem gelernten Triebwerkme-
chaniker 2012 ein irischer Arbeitskollege eine Hechtrute fürs Fliegenfischen in die Hand. Von dem Moment an werden alle Köder selbst hergestellt. Ob am 1/0 oder am 10er Haken. Das Material dafür gibt es in seinem Shop Raptorz Fishing.
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Ja, diese Maxime finde ich super und sehr wichtig, Angelreste in Bäumen und Büschen zu entfernen !!!
Nicht nur häufig gefährliche Reste für die Tierwelt sondern es gibt oft auch Infos mit was andere Angler Angeln und manchmal schöne Fliegen oder Nymphen.
Tight lines,
Markus
Freut mich, dass Du das auch so siehst, Markus. Stimme Dir zu, dass man interessante Info aus den eingesammelten Fliegen erhält. Rostig sind die Haken trotzdem schon of leider. Tight lines, Tankred