Wer schon einmal eine ausgedehnte Bergwanderung unternommen hat, wird erstaunt gewesen sein, welch schlecht vorbereiteten Weggefärten man dabei begegnen konnte: Von unpassendem Schuhwerk, über mangelhafte Bekleidung hin zu ungenügend Proviant. Füge Unwissen über Klimaereignisse wie z.B. die Schneeschmelze dem Mix an geografischen Besonderheiten hinzu, und der lange ersehnte Angelurlaub zum Fliegenfischen in den Alpen wird zum Rohrkrepierer, bevor er sich richtig entfalten kann.
Eine Reise zum Fliegenfischen in alpine Regionen will also gut geplant sein. Einer, den es jährlich mehrmals nach Österreich zum alpinen Fliegenfischen zieht, ist Alexander Bäuerle. Worauf es dabei zu achten gibt, lässt er uns in den kommenden Wochen wissen.
Alpines Fliegenfischen – Alexander Bäuerle
Alpine Gewässer sind für mich ganz besonders faszinierend.Das Fliegenfischen dort bietet nämlich die Möglichkeit, wirklich individuelle Stellen zu beangeln, wo seit Jahren kein Angler mehr war. Im Oberpinzgau z. B. gibt es sehr wilde, zum Teil auch sehr karge Gewässer. Besonders oberhalb der Baumgrenze in über 2200 Höhenmeter. Es gibt viele Gewässerabschnitte die kaum befischt werden. Mit Beständen die sich ungehindert selbst reproduzieren. Gebirgsseen mit sehr klaren Wassers und extrem scheuen und vorsichtigen Fischen genau so wie Kleinstgewässer, teilweise kaum knöcheltief und nur einen Meter breit, als Quellgebiete der größeren Flüsse im Tal. Zu den größten Gewässer vor Ort gehören die großen Stauseen wie der Durlaßboden.
Leider habe ich schon öfters von negativen Erfahrungen mit Angelreisen in alpine Regionen gehört, oder gelesen. Meistens hätten sich die Fischer die Enttäuschung sparen können. Meine Erfahrung über viele Jahre Alpines Fliegenfischen hat gezeigt, dass es fast immer von März bis November ein Gewässer gibt welches läuft. Vorausgesetzt man ist etwas flexibel. Wenn man auf große Fische an den größeren Flüssen im Tal fischen möchte, bieten sich zum Beispiel die Monate März oder November an. In diesen Monaten ist der Wasserstand deutlich niedriger und die Fische sind leichter zu beangeln. Eine heftige Regennacht kann die Fischmäuler allerdings schon zunageln. Innerhalb von wenigen Stunden kann sich der Fluss und der Wasserstand stark ändern. Am Morgen um 8 Uhr noch sehr gut gefangen und um 10 Uhr war sinnvolles Angeln nicht mehr möglich. Daher rate ich auch besser eine Woche, anstatt ein Wochenende einzuplanen. Tage mit zu hohen Wasserständen überbrückt man dann im Idealfall an den Seen. Die Chancen, im Frühjahr oder Herbst ein gutes Zeitfenster zu erwischen, sind sehr hoch. Der Sommer ist dagegen wunderbar für die Hochgebirgsfischerei, bei der im September oder Oktober schon oft Schnee liegen könnte. Durch das Schmelzwasser und die Gletschermilch ist der Sommer oft schwierig für die Talfischerei. Es gibt aber durchaus auch Möglichkeiten im Sommer an den Fisch zu kommen, darauf möchte ich in einem gesonderten Beitrag eingehen.
Eine gute Planung und etwas Flexibilität halte ich für sehr wichtig, damit der Angeltrip zum Erfolg wird. Je nach Gewässertyp sucht man sich am besten einen geeigneten Monat aus. Meine Saison startet im März. Dieser Monat ist wunderbar geeignet, um Bachforellen im Haupttal zu beangeln. Diese werden in diesem Monat aktiv. Die Stillgewässer sind zu diesen Zeitpunkt noch mit Eis bedeckt und die höher liegende Gewässer noch nicht befischbar. Anfang April lassen sich große Flüsse im Tal auch noch gut befischen. Im Monat Mai mache ich einen großen Bogen um den vom Schmelzwasser getrübten Fluss. Jedoch sind inzwischen kleinere Gebirgsseen wieder warm geworden, wo jetzt Bachsaiblinge und Bachforellen beißen. Der Juni ist ein wunderbarer Monat für die Bäche und Flüsse in den höher gelegenen Gebirgstälern. Möchte man ganz hoch hinauf auf Hochgebirgsseen über der Baumgrenze (2200 m.ü.M.), bieten sich die Monate Juli und August an. Dort fängt man Seesaiblinge. Diese Monate sind auch super zum Bellybootangeln für kleinere tiefer gelegene Seen. Der September ist der beste Monat für größeren Stauseen. Beim Bootsangeln fängt man hier auch mal ganz unbedenklich ein paar Regenbogenforellen für die Pfanne. Mit etwas Glück steigt auch mal eine Seeforelle ein. Für die höher gelegenen Bachtäler ist dieser Monat auch noch einmal ein grandioser Höhepunkt. Ab Oktober geht es dann wieder zurück in den Hauptfluss im Tal. Als Ausweichgewässer bieten sich die Seen an, die in diesem Monat noch gut zu befischen sind. Im November erreicht dann, die Äschenfischerei im Tal ihren Zenit. So lässt sich ein alpines anglerisches Jahr planen.
Inzwischen habe ich drei Combos, mit denen ich die Fischerei im höher gelegenen Alpinen Raum bestreite. Das wichtigste Gerät ist eine Klasse 4 und 10 ft. lange (Euro) Nymphenrute. Damit kann ich die sehr ufernah stehenden Fische, an größeren Flüssen beangeln. Da ich mit größeren Fischen rechne, ziehe ich die Klasse 4 den Klassen 2-3 vor. Mit diesem Gerät lassen sich auch wunderbar die Einläufe der Seen beangeln, wo eigentlich immer Fische stehen. Auch an den wilden Bächen muss eigentlich nicht wirklich geworfen werden. Dafür ist die Rute auch sehr gut geeignet. Notfalls kann man mit dieser weichen Nymphenrute, auch eine Trockenfliege werfen. Dafür habe ich allerdings doch eine Klasse 4 und 8 ft. lange Bachrute dabei, da ich oft den Wunsch habe, klassisch zu werfen. Diese passt auch gut in den Rucksack, wenn längere Wanderungen geplant sind. Für das schwere Fischen an der Salzach, habe ich auch eine Rute der Klasse 8 mit dabei. Damit lassen sich sehr stark beschwerte Nymphen gut mit einem Rollwurf befördern. Wenn an den Seen sehr starker Föhn (Wind) herrscht, kann man mit dieser Rute auch noch gut den Streamer oder ein Nymphenteam werfen. Selbstverständlich gibt es viele weitere fischereiliche Möglichkeiten, wie zum Beispiel den Einsatz von Switchruten etc.
Dem Fliegenfischen im zeitigen Frühjahr wurde in den letzten beiden Jahren für zumindest aus Deutschland anreisende Angler durch Corona sprichwörtlich der Riegel vorgeschoben. Somit entfiel der aufregende Trip an die Salzach leider. Umso mehr freue ich mich auf den kommenden Besuch im Pinzgau, wo ich seit zehn Jahren in die Reviere des Hotel Bräurup zum Fliegenfischen fahre. Erheblichen Anteil für den Fischreichtum der vom Hotel bewirtschafteten Gewässer hat der Fischwirt, Vollblut-Fliegenfischer und hervorragende Guide Arthur Wallner. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht dabei eine wirklich nachhaltige Bewirtschaftung und kein Spaßbesatz. Die Gewässer haben teilweise einen derart enormen Fischbestand, dass man denkt, sie wären überbesetzt. Der resultiert aber aus der schonenden Fischerei, gekoppelt an C&R und den ausgezeichneten Laichmöglichkeiten. Zusätzlich wird jedoch punktuell mit Fischen aus Brutboxen und ausgewähltem genetischen Material besetzt.
Im nächsten Teil der Beitragsserie zum alpinen Fliegenfischen schnappen wir mit Alexander Bäuerle unsere Ausrüstung und lassen uns zeigen, wie er den Forellen und Saiblingen im Hochgebirge nachstellt.
Alexander Bäuerle lebt in München und Arbeitet als Agraringenieur in der Qualitätssicherung. Er schreibt für die Zeitschriften Angelwoche und Fisch & Fang und war in naher Vergangenheit als Redakteur für Am Haken tätig. Der fischereiliche Schwerpunkt, liegt in den modernen europäischen Nymphentechniken. Seine besondere Leidenschaft ist das Hochalpine Fischen, dem er mehrere Wochen im Jahr im bekannten Bräurup Revier im Oberpinzgau nachgeht.
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