‘Seven days are too long‘ sang Chuck Wood 1967 in seinem Northern Soul Knaller. Wenn es bloss sieben Tage wären, denke ich mir als ich gestern ein letztes Mal die Watschuhe in dieser Forellensaison fest zuschnüre. Eine Saison, die wieder einmal zu schnell vorüber ging, die es in sich hatte, die eher durchwachsen war
Freute ich mich in den Wintermonaten noch über die starken Regen- und Schneefälle zu Jahresbeginn, wich diese Freude zunehmend von Woche zu Woche am Anfang der Saison. Forelle & Äsche dankten wahrscheinlich dem anhaltenden Tiefdruckgebiet und dem Schmelzwasser, ihrem Zuhause mit reichlich Treibgut zu neuen Unterständen zu verhelfen, durch anhaltend hohe Wasserpegel neue Stand- und Jagdplätze zu erschaffen. Meine Ausflüge ans Wasser waren jedoch bis Ende Mai häufig mit Frustration verbunden, trotz der scheinbar guten Vorraussetzungen.
Brach ich morgens noch hoffnungsvoll wenn auch selten restlos überzeugt auf, machte mein Optimismus spätestens beim Erreichen des Ufer der Einsicht Platz, dass es auch an diesem Tag nichts werden wird mit dem ersehnten Erblühen des Lebens. Die Schlüpfe der Märzbraunen, der Large Dark Olives und der Märzfliege (Hawthorn Fly) liessen auf sich warten – oder entfielen komplett, zumindest an den Tagen an denen ich im zumeist angetrübtem Wasser stand.
Und so war es bezeichnend, dass ich in diesem Jahr die erste Forelle nennenswerter Größe, am ersten Maiwochenende – eiskalt und grau – auf einen Streamer in der Bröl fing. Einer Köderwahl von der ich mich unter normalen Umständen, bereits einen Monat zuvor verabschiedet hätte. In der Tat ein Köderangebot, für das ich mich beinahe geschlagen, wahrscheinlich zu spät entschied um zu holen was zu holen gewesen wäre. Glücklicherweise konnte ich zu diesem Zeitpunkt bereits auf einen sensationell guten Tag, an den in den englischen Midlands gelegenen Eyebrook Reservoir zurück blicken. Ein Tagesausflug der mehr als entschädigte, für die bis dahin mäßig erfolgreichen Ausflüge an Ahr und Kyll. Von diesem Erlebnis sollte ich in diesem Jahr noch lange zehren.
Und so liessen sich die Wochen des Wartens auf die seit längerem geplante Kanadareise um vieles leichter ertragen, angesichts der vielen Ausflüge ans Wasser, deren vorsichtiger Optimismus beim Verlassen des Hauses, spätesten beim Überqueren der ersten Brücke meines Ausflugsziels zu Nichte gemacht wurde. Geprägt von den Erlebnissen des heurigen Frühjahrs wurde meine Zuversicht an das Fischen im Pitt River, British Columbia, auf die Zerreißprobe gestellt. Und ähnlich wie beim Trip nach Eyebrook Reservoir, sollten die Erinnerungen an die Kampfkraft der Bulltrout, die aggressiven Bisse der Schwarzbarsche, über die Enttäuschung hinweg sehen lassen, die das verregnete Frühjahr in Deutschland so mit sich brachte.
Mitte Juni wieder zurück in Deutschland, die Klagen über die weggeschwemmte Maifliegenzeit von Freunden in den Ohren, entschloss sich das Wetter kurz danach von seiner versöhnlichsten Seite zu zeigen. Rasch ansteigende Temperaturen und ununterbrochener Sonnenschein, keimten Hoffnungen auf einen unvergesslichen Frühsommer auf. Forelle & Äsche schienen aber ihren Teil in meinen Fantasien vergessen zu haben. Denn trotz vielversprechenden Wasserständen und allgemein zuversichtlich erscheinenden Vorraussetzungen, wollten sich erinnerungswürdige Momente nicht so recht einstellen. Und so verstrichen die Wochen ohne nennenswerte Fänge.
Ehe ich mich versehen konnte, klopfte der Sommer an – ein wahrlich prächtiger Sommer – denke ich an den der letzten beiden Jahre zurück. Lang anhaltende Trockenperioden, Sonnenschein von morgens bis abends, warme Temperaturen. Dem Vergnügen schien nichts im Wege zu stehen. Und doch liess sich vollste Zufriedenheit am Ende eines Tages am Wasser ganz selten realisieren. Die vollen Flüsse und Bäche der regenreichen ersten Jahreshälfte sanken so rasch wie sie ansteigen. So schien es zumindest. Als hätte der Boden mit weit klaffender Öffnung alle Flüssigkeiten verschluckt, lagen Bröl, Kyll und Ahr vor mir, wie es in den Sommermonaten nicht unüblich ist. Die heftigen Regenfälle bis Anfang Juni, liessen mich aber anderes erwarten. Meine Erwartungen aber spielten keine Rolle, in den launischen Vorgängen von Mutter Natur.
Die Wochen vergingen, die Ausflüge ans Wasser waren schön, und Fänge von Forelle & Äsche stellten sich ein, blieben jedoch unter meinen Erwartungen. Erst im Spätsommer und im Herbst hatte ich das Gefühl, heimische Gewässer lösten ihr Versprechen ein. Da kam an jedem Ausflug ans Wasser Freude auf. Schöne Äschen die an die 40-er Marke anklopften, stiegen aus den Tiefen eines Wehrgumpens hoch, um meine Emerger abzufangen. Schwierig anzuwerfende Forellen entschlossen sich dazu, nach links oder rechts auszuscheren um meine Spiders einzusammeln. Die Fischerei mit Trockenfliege und oberflächennahen Mustern war in den letzten Wochen spektakulär. Ich wünschte die Erfolge ab Mitte September liessen sich auf das ganze Jahr replizieren.
Fliegenfischen ist kein Leistungssport und Erfolg und Zufriedenheit lässt sich an vielen Faktoren aufhängen. Aus der Gemeinde der Fliegenfischer konnte ich in diesem Jahr, schöne Bekanntschaften machen und vermehrt verlaufen meine Besuche am Wasser in der Gemeinschaft gleich gesinnter Zunftgenossen. Wasservögel fühlten sich in diesem Jahr besonders zu mir hingezogen und wie man es richtig macht, stellte ein Eisvogel mir direkt gegenüber eindrucksvoll unter Beweis. Ich konnte nicht anders als die Rute wegzulegen und dem beeindruckenden Schauspiel zu folgen. Bewegungslos am Ast sitzend, gebannt durch die Oberfläche starrend, pfeilschnell ins Wasser getaucht um mit einem kleinen Weissfisch im Schnabel auf den Ast zurück zu kehren. Faszinierende dreißig Minuten, die den Wunsch nach dem eigenen Fang hinten anstellten.
Abseits der Fischerei auf Forelle & Äsche stellten sich erinnerungswürdige Erlebnisse ein. Mein Forellenkescher war beinahe der Größe des im Lake Osoyoos erbeuteten Schwazbarsches (smallmouth bass) nicht gewachsen gewesen. Der gern gezeigte Maulgriff wäre bei diesem Exemplar nicht ganz einfach anzuwenden gewesen. Ohne viel vom Schwarzbarsch zu wissen, habe ich den Eindruck ein ganz stattliches Exemplar zum Zubeissen verleitet zu haben.
Mein persönlich gefühlter Fisch der tausend Würfe, erbarmte sich endlich meiner. Nach zahllosen Ausflügen an den Rhein, ging der lang ersehnte Traum nach dem Fang eines Rapfens auf. Und plötzlich konnte ich an jeden Ausflug ans Wasser zumindest einen dazu verführen, mit hartem Schlag sich auf meinen besonders schnell geführten Streamer zu stürzen. Die Jagd auf Rapfen wurde schon vor dem ersten Fang zur Obsession, und der harte Anbiss und seine Kampfkraft, liessen mich schon Stunden vor dem Feierabend die Füsse unter meinem Schreibtisch scharren. War mein Tagesstunden Soll erst um, gab es nichts wichtigeres als schnell an den Rhein zu stürzen.
Und so blicke ich zurück auf den Verlauf einer Saison, die doch einzelne magische Moment bescherte, ob am Fluss oder im See. Die milden Tage der letzten Wochen versprühen Hoffnung, dass das Angeljahr noch lange nicht abgeschlossen ist. Vereinsgebundene Freunde, stellten mir bereits Ausflüge zum spätherbstlichen Äschenfischen in Aussicht, der Rhein ist immer noch nahe und die erste Hechtschnur kurz vor der Bestellung. Fünf Monate sind zu lange, um nicht am Wasser zu sein – es werde ein schöner Herbst.
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