Die Osterfeiertage verbrachte ich an meinem Heimgewässer in der Eifel. Die im Vergleich mit anderen deutschen Regionen kalten Temperaturen, minderten den Erfolg der Angelei. Nach einigen ungewollten Beifängen – auf den Streamer – der in der Schonzeit befindlichen Äsche, stellte ich die auch komplett ein. Was meine Stunden am Wasser aber versüßte, war die an den Einstiegsstellen deutlich erkennbare Forellenbrut, die vor meinen vorsichtigen Tritten flüchtete. Das brachte mich auf die Idee, einen Plan umzusetzen, den wir als Pächtergemeinschaft schon seit längerem verfolgen: Eine systematische Erhebung der Laichplätze unserer Bachforellen. Wie sich das ermöglichen lässt, beschreibt Holger Jonas vom Salmoniden- und Gewässerschutz MV e.V. in diesem Gastbeitrag.
Im Land der Seen, Wälder und Flüsse: Artenschutz beginnt mit einfachen Mitteln
Unser Verein „Salmoniden- und Gewässerschutz Mecklenburg-Vorpommern e.V.“ wurde im Dezember 2008, als überregionale Interessenvertretung, gegründet. Wir sind Mitglied im Landesanglerverband Mecklenburg- Vorpommern e.V. Ein zentraler Schwerpunkt unserer ehrenamtlichen Arbeit ist die Datenerhebung zum Laichgeschehen von Bach- und Meerforelle in ausgewählten Gewässern Mecklenburg-Vorpommerns. In diesem Jahr führen wir die Laichkartierung zum 15. Mal durch.
Die Meerforelle ist ein anadromer Wanderfisch, der seine Jugend im Bach verbringt und dann ins Meer abwandert. Genetisch ist sie identisch mit der Bachforelle und unterscheidet sich lediglich phänotypisch – d.h. im Erscheinungsbild und in Verhaltensmerkmalen. Sie ist der Bioindikator für den großräumigen ökologischen Zustand eines Gewässersystems. Gleichzeitig ist der Fisch ein typischer Repräsentant der vielfältigen Arten- und Lebensgemeinschaft der strukturreichen kiesgeprägten Fließgewässer im norddeutschen Tiefland.
Durch die kurze Distanz der Gewässer zur Ostsee hat unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern in diesem Zusammenhang auf bundesdeutscher und europäischer Ebene eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Salmonidenbestände. Meerforellen benötigen in ihrem Lebenszyklus natürliche, kiesgeprägte Gewässerabschnitte für die Reproduktion und als Jungfischhabitat.
Darüber hinaus sind frei durchwanderbare Gewässersysteme zwischen Laichgebiet und Ostsee essenziell. Maßnahmen, die eine vollumfängliche Durchgängigkeit und naturnahe Strukturen von Fließgewässern gewährleisten, sind auch für den Erhalt der Laich- und Jungfischhabitate der Meer- und Bachforelle wichtig.
Ausgangslage und gegenwärtige Situation
Der Großteil der Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern ist in keinem optimalen ökologischen Zustand. Nur ca. 3% der wasserrahmenrichtlinienpflichtigen Gewässer befinden sich in einem guten Zustand [1]. Jahrzehntelange Zerschneidungen der Flüsse und Bäche durch Wehre, Begradigungen für Landwirtschaftszwecke, Abholzung des Uferbewuchses sowie Schadstoffeinleitungen haben ihre negative Wirkung gezeigt.
Durch Eingriffe in die natürliche Dynamik der Fließgewässer und die weitgehende Zerstörungen der angestammten Lebensräume sind die heimischen Meerforellenbestände Ende der 1980er Jahre fast ausgerottet worden. Lediglich zwei kleine Restpopulationen im Warnowsystem blieben erhalten.
Seit den 1990er Jahren wurde aus Einnahmen des Verkaufes von Angelerlaubnissen für die Küstengewässer der Besatz mit Meerforellenbrut finanziert. Das Ziel des Besatzprogrammes war die Bestandsstützung der verbliebenen natürlichen Populationen. Mit Ausweitung des Besatzprogrammes wurde die Wiederansiedlung der Art in ehemaligen Meerforellengewässern gefördert. Der Meerforellenbesatz förderte in einigen Gewässern auch die Wiederansiedlung der stationären Form, der Bachforelle.
Der Start der Kartierungen
Schon vor der Gründung des Vereines im Jahr 2008 haben einige Vereinsmitglieder in Einzelaktionen an den Gewässern das Laichgeschehen der Forellen beobachtet und erfasst. Die erste Laichkartierung unseres Vereines begann im Herbst 2008 mit einer gemeinsamen Aktion an einem Gewässer im Landkreis Rostock. Einige Gründungsmitglieder unseres Vereines, die sich schon viele Jahre für den Gewässerschutz einsetzten, wollten die jährlichen Einzelaktivitäten zusammenführen.
Ziel war die konstante Erhebung von Daten zur Populationsabschätzung einzelner Gewässersysteme. Daneben sollte auch das Gefährdungspotenzial beurteilt werden. Insgesamt werden jährlich ca. 90-130 km Gewässerstrecke kartiert. Seit vielen Jahren erhalten wir dabei aktive Unterstützung durch das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei MV, Abt. Fischerei.
Bei der Laichkartierung werden Daten zur Lage und Größe der Laichgruben und der am Laichgeschäft teilnehmenden Tiere erfasst. Somit ist eine Abschätzung der Populationsgröße und -dynamik im jeweiligen Einzugsgebiet möglich. Neben den o.g. Parametern werden auch phänologische Daten (Beginn der Laichzeit, Laichhöhepunkt, Größe und evtl. Gefährdungen der Habitate) erfasst. Durch die jährlichen Begehungen der Laichgebiete sind auch Aussagen über die Durchgängigkeit der Gewässer ableitbar.
Methode der Kartierung:
Zu Beginn der Erfassungen existierte kein standardisiertes Verfahren zur Erhebung und Beschreibung von Forellenlaichplätzen in Deutschland. Deshalb wurde eine Kartiermethodik entwickelt, die sich zur Erfassung der Laichforellenlaichgruben an der Nebel seit Mitte der 1990er Jahre bewährt hat. [2]
Die Kartierung der Laichplätze erfolgt durch Abgehen der betreffenden Gewässerabschnitte während bzw. nach dem Laichhöhepunkt. Die Weibchen erstellen eine Grube im Sohlsediment, die sich als heller Fleck von dem dunklen Gewässergrund abhebt und so gut erkennbar ist. Mit wellenartigen, schlagenden Bewegungen der breiten Körperseite erzeugen die Rogner einen Unterdruck auf das Sohlsubstrat. Dadurch wird das Sediment angehoben und von der Strömung flussabwärts verlagert.
Ein Forellenlaichplatz (Grube und Auswurf) hebt sich durch den helleren Kies deutlich vom Gewässergrund ab, der in der Regel durch Algenbewuchs dunkelbraun bis grün aussieht. Dieser hell-dunkel-Kontrast ist das optisch auffälligste Merkmal eines Laichplatzes.
Die Größe eines Laichplatzes ist abhängig vom Gewässer und der Anzahl der darauf ablaichenden Rogner. Während in kleineren Gewässern zumeist ein Laichplatz von einem Rogner belegt ist und eine Größe von durchschnittlich 1,5 m² aufweist, können in großen Gewässern mehrere Rogner auf demselben Platz ablaichen. Die Laichplatzgröße kann hier bis zu 40 m² betragen.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Kartiermethode ist klares Wasser, das sich in naturnahen Gewässerabschnitten etwa ab Mittelwasserabfluss einstellt. Die Kartierung erfolgt überwiegend vom Ufer aus. Je Saison wird eine Zusammenstellung der kartierten Gewässer einschließlich der Angaben zur Lage des Laichgebietes, Name der Erfasser, Kartierdatum und -strecke sowie der Anzahl der Laichgruben absolut und, soweit möglich, die Anzahl Laichgruben bezogen auf eine Referenzfläche von 100 m² erstellt [3].
Um für eine Einheitlichkeit der Methodik zu sorgen, führen wir regelmäßige Weiterbildungen durch. Neben der Herangehensweise wird auch Hintergrundwissen zur Gewässerstruktur und -güte vermittelt und am praktischen Beispiel erklärt. Darüber hinaus erfolgen Hinweise zum Auffinden geeigneter Laichgebiete anhand der Gewässerstruktur, Fließgeschwindigkeit und Substratzusammensetzung.
Zusammenfassung der Saison 2022-2023 und Ausblick
In der Saison 2022/2023 wurden insgesamt 27 Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern auf einer Strecke von ca. 113 km bezüglich der Laichaktivitäten von Meer- und Bachforelle untersucht. Die Saison war durch relativ hohe Wassertemperaturen und sehr geringe Abflüsse in der Hauptlaichzeit gekennzeichnet. Dadurch hat sich der Beginn des Laichgeschehens, insbesondere in kleinen Gewässern, um ca. 6 Wochen verzögert.
Das betraf auch die Rückkehr der Laichtiere in die Ostsee. Im Vergleich zu den Vorjahren war insbesondere in kleinen Küstengewässern eine deutlich geringere Laichaktivität festzustellen. Teilweise kam es auch zu räumlichen Verschiebungen der Laichplätze, da die Oberläufe aufgrund des Wassermangels nicht erreichbar waren.
Die langfristigen Auswirkungen der aktuellen klimatischen Veränderungen auf die Forellenpopulationen des Landes lassen sich nur durch die konstante Erhebung von Daten ableiten. Als Grundlage hierfür kann die Datenreihe zum Laichgeschehen seit 2008 herangezogen werden.
Veränderungen können somit definiert und geeignete Gegenmaßnahmen abgeleitet werden. Darüber kann durch die jährlichen Erhebungen während der Laichzeit auch sofort auf akute Gefährdungen wie Unterhaltungsmaßnahmen direkt in den Laichgebieten, Beeinträchtigungen durch touristische Nutzungen (z.B. Adventspaddeln in den Laichgebieten) und Fischwilderei reagiert werden.
Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden und der Wasserschutzpolizei funktioniert dank eines offenen Umgangs und einer Einbindung der Entscheidungsträger in unsere Arbeit seit Jahren sehr gut. Die Erfassung des Laichgeschehens wird auch weiterhin ein Schwerpunkt unserer ehrenamtlichen Arbeit bleiben.
[1] Steinhäuser, A., LUNG MV (2014): Ergebnisse der Bestandsaufnahme und Zustandsbewertung nach WRRL an den Gewässern in Mecklenburg-Vorpommern
[2] Waterstraat, A. & Ode, T (2015): Erfassung der Laichgruben in der Nebel 1994-2015 Unveröffentlichte Daten
[3] Salmoniden- und Gewässerschutz MV e.V. Abschlussbericht Laichkartierung der Meer- und Bachforelle 2022/2023
Für die wundervollen Fotos und diesen Bericht, wie mit einfachen Mitteln durch die Unterstützung freiwilliger Helfer sowie den Landes- oder Bezirksfischereinverbänden eine Laichkartierung erstellt werden kann, bedanke ich mich bei Holger Jonas vom Salmoniden- und Gewässerschutz MV e.V. Vielleicht dient diese Anleitung auch Deinem Verein dabei, zukünftig Laichplätze zu erfassen und für gute Bedingungen zur Fortpflanzung von Bach- und Meerforellen zu sorgen.
Discover more from Forelle & Äsche | Fliegenfischen | Fliegenbinden
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Leave a Reply