
Ich muss gestehen, dass ich Südafrika nie so richtig am Radar hatte, als ein Land in dem mit der Fliege gefischt wird. Irgendwo im Hinterkopf hatte ich zwar, dass Kolonialisten, allen voran die Briten, weltweit Akklimatisationsgesellschaften gründeten mit dem Ziel, die in den neuen Ländern vermeintlich vorgefundene ‘Artenarmut’ mit vertrauter Flora und Fauna anzureichern. Dieser Initiative verdanken wir heutige beliebte Reisedestinationen fürs Forellenfischen rund um den Globus. Von Nord- und Südamerika, über Australien und Neu Seeland bis nach Afrika konnten nun Bachforellen unberührte und häufig frei von natürlichen Feinden befindliche Wassersysteme erobern.
Südafrika als Heimat von Forellen drängte sich erstmals ins Bewusstsein, als ich Charles Rangeley-Wilsons ‘Ferne Welt’ in der Hand hielt. Die Eröffnungsstory berichtet von einem wilden Trip des Autors ins Land am Kap der Guten Hoffnung. Und wie werdende Väter, die durch die Beschäftigung mit ihrer neuen Rolle plötzlich überall Männer mit Babytrage vor der Brust sehen, stieß ich plötzlich an unterschiedlichsten Ecken auf Verweise aufs Fliegenfischen in Südafrika.

Erst erzählte mir Hannes Höbarth, Guide an Roman Mosers Ager Abschnitt, von der Angelei mit der Fliege auf Yellow Fish. Eine Gattung der Karpfenfische die unseren Barben ähneln. Dann erinnerte ich mich an Walter Reisingers Buck Caddis, einer Imitation einer Marbled Sedge deren Flügel aus dem Fell eines Klippspringer – die Afrikaans Bezeichnung einer kleinen u.a. in Südafrika heimischen Antilopenart.
Als ich von einem Leser dieser Seite kontaktiert wurde, ob ich schon von Gordon van der Spuy und seinem Buch The Feather Mechanic: A Fly-tying Philosophy gehört hatte, war ich somit Feuer und Flamme mehr zu erfahren. Rasch wurde freundlicherweise von diesem Leser der Kontakt zum Autor hergestellt. Und auch wenn die ursprüngliche Idee der Übersetzung des Buches verworfen wurde, so freut es mich doch bekannt zu geben, dass es das Buch in original englischer Sprache im Shop von Forelle & Äsche Verlag zu kaufen geben wird. Warum? Weil dieses Buch eine Wucht ist!

Fliegenbinden war schon immer eine Tätigkeit mit globaler Reichweite. Muster und Techniken reisten weit um den Globus. Erst mit Auswanderern, dann durch den Buchhandel und zuletzt durch weltweite Vernetzung im WorldWideWeb. Es überrascht also wenig, dass ausgerechnet ein Fliegenbinden Buch aus Südafrika derartige Begeisterungswellen in den Sozialen Medien in den letzten Monaten verursacht hat.
Aus schwindender Beteiligung an Social Media entging es mir, dass in den letzten zwölf Monaten helle Begeisterung für Gordon van der Spuys Buch entstand. Walter Reisinger bezeichnet The Feather Mechanic gar als das ‘wohl beste Bindebuch das seit vielen Jahren das geschrieben und gezeichnet wurde.’ Diese Einschätzung teile ich vorbehaltlos. Genau darum habe ich das Buch in meinen Shop aufgenommen, auch wenn es auf englisch verfasst ist. Es soll auch hierzulande gelesen werden.

The Feather Mechanic ist wohltuend anders, sowohl in gestalterischer als auch in inhaltlicher Hinsicht. Der Autor, der in seiner Heimat Südafrika als renommierter Fliegenbinder und -fischer gilt, findet in der Benutzung von Bindematerial und Werkzeug und im Zeichnen sein größtes Ventil zum Abbau von Stress und Alltagssorgen. So verzichtet das Buch auf Fotografien von Bindeschritten vor farboptimierenden Hintergrund. Alle nötigen Schritte wurden von Gordon von der Spuy mit dem Bleistift gezeichnet.
Wer an der Stelle an simple Illustrationen aus Büchern vergangener Jahrzehnte denkt, liegt komplett daneben. Die Zeichnungen sind knackig und selbsterklärend. Besonders begeistert bin ich von den handschriftlichen Erläuterungen potentieller Stolpersteine der jeweiligen Bindetechniken, als auch den Beschreibungen der Materialcharakteristiken. Ein aus meiner Sicht von vielen Bindern oft unterschlagener Aspekt bei den unzähligen Bindeanleitungen im Netz. Denn die eigenen Versuche des Nachbindens attraktiver Muster, scheitern oft nicht nur an mangelnder Übung, sondern schlicht und einfach am fehlenden Wissen um Techniken oder Materialeigenschaften.

Da Fliegenmuster nicht nur gut aussehen sollen, sondern in erster Linie Fische anziehen sollen, floss in die Gestaltung der Fliegen – von Trockenfliegen, über Streamer und Nymphen vornehmlich für den Gebrauch in Fließgewässern aber auch an Stillwassern – viel Überlegung ein. Die Philosophie des Fliegenbindens also aus dem Titel. Auch das, ein aus meiner Überzeugung manchmal vernachlässigter Aspekt, vieler technisch wunderbar gebundener Fliegen. Persönlich hinterfrage ich nämlich manchmal auch die Abbildungen von als Emerger bezeichneten Mustern mit Lackierung, über wasseraufsaugendes Körpermaterial bei Trockenfliegen, oder mit Material überladene Nymphen. Denn das aus dem Design stammende Konzept Form Follows Function gilt auch für das Fliegenfischen – wie der Autor nicht müde wird zu betonen.

Wer so lange Fliegen bindet, wie der seit seiner Kindheit fliegenfischende Gordon van der Spuy, weiß um die Herausforderung denen unsere Fliegen beim Gang ans Wasser begegnen. Wenn diese zu magnetischen Forellenködern werden wollen. Dass die Fliege nur ein Erfolgsaspekt unter mehreren ist, weiß er. Dass durchdacht gebundene Fliegen die sich im Wasser so natürlich wie möglich verhalten und die mit den richtigen Reizen ausgestattet sind, im Angler Vertrauen in seinen Köder auslösen, weiß er ebenso. Für ihn steht aber am Anfang aller Designüberlegungen die Frage, wie und wo – Gewässersäulen technisch gesehen – ein Muster fischen soll.
Zwanzig Muster mit universellem Anklang (Trocken, Streamers, Nymphe) werden in The Feather Mechanic: A Fly-tying Philosophy vorgestellt. Dabei gelingt der heikle Spagat, dem Anfänger erweiterte Grundtechniken zu vermitteln, sowie dem Fortgeschrittenen Binder in unterhaltsamen Erläuterungen und Anekdoten, Kniffe beim Umgang komplexerer Bindeschritte und Materialhandhabung aufzuzeigen.

Wieviel Anklang ein englischsprachiges Buch in einem vornehmlich deutschsprachigen Shop für Fliegenfischen Literatur findet, kann ich bei bestem Willen nicht einschätzen. Die Verfügbarkeit des wirklich einzigartigen Buches ist erst mal beschränkt auf zwanzig Stück. Mehr können jeder Zeit besorgt werden. Einfach dem Link zum Shop von Forelle & Äsche Verlag folgen.
wird es für das Buch einen Nachdruck geben und wenn ja, wann ist dieser geplant
Hallo Oliver,
nach bestem Wissen plant der Autor und Herausgeber keinen Nachdruck. Allerdings ist ein neuer Titel in der Pipeline. The Feature Mechanik ist möglicherweise noch bei einem italienischen Tackle & Bindematerial Händler 54 Dean Street erhältlich. Viel Glück bei der Suche. Grüße, Tankred
Hallo Tankred,
die (sehr lange) Suche war erfolgreich. Ich habe das letzte Exemplar von Gordon van der Spuys Buch in Südafrika bei “The Mission – The Cult in Fly Fishing” erwerben können. Dies auch nur weil dort in weiser Voraussicht ein größerer Vorrat des Buchs angelegt wurde.
Der Aufwand war sicherlich lohnenswert, wenn man sich anschaut welche Philosophie in dem Autor steckt. Der kürzlich veröffentliche Film über Gordon van der Spuy ist me.E. einer der besten Filme zum Thema
https://www.youtube.com/watch?v=dJICunsnLtc
“I don’t think you choose fly-fishing, I think fly-fishing chooses you”
VG, Oliver
Hallo Oliver,
gratuliere – die Bemühungen haben sich gelohnt. Von Gordon Van Der Spuy wurde ich informiert, dass in einigen Monaten der Nachfolgertitel ” The Feather Mechanic 2 – Beyond the pattern” veröffentlicht werden soll. Ich halte Dich am Laufenden.
Grüße, Tankred