© flickr: Wolfram Sondermann
Allein der Begriff Wanze ruft in vielen Menschen Abscheu hervor. Sei es das unerlaubte Abgreifen persönlicher Gespräche, oder der kalte Schauder beim Gedanken an Bettwanzen. Zum Glück für uns Angler sind Fische weniger empfindlich und egal ob Wanzen, Asseln oder Egel. Zur kühleren Jahreszeit von Oktober bis Dezember während der verringertern Schlupfaktivität nobler Insekten, füllen diese faszinierenden Lebewesen eine wichtige Lücke im Speiseplan: im Stillwasser wohlgemerkt. Denn nur dort tritt die Ruderwanze auf. Einigen wir uns auch auf die gängige englische Bezeichnung Corixa und schon wird aus der unappetitlich benannten Ruderwanze ein Insekt das uns – und noch viel wichtiger die Forellen – aufgrund ihres Verhaltens und Nährwert faszinieren kann.
Charakteristische für Corixidae sind vier lange, behaarte Hinterbeine die nicht nur zur Fortbewegung benutzt werden, sondern auch zur Sauerstoffverteilung im Körper. Einzigartig in der Wasserinsektenwelt, tauchen Ruderwanzen mit dem Vorderkörper aus dem Wasser auf und saugen Luft in einen Hohlraum unter dem Halsschild. Beim Abtauchen verteilt sich die Luft durch den Auftrieb am ganzen Körper. Mit fast liebevollen Strichen über Kopf, Brust und Flügeldecken wird nachgeholfen, die Luft gleichmäßig am ganzen Körper zu verteilen.
Die Sauerstoffaufnahme muss in regelmäßigen Abständen erfolgen. Kein Wunder, dass dieser Vorgang nicht unbemerkt an Forellen vorübergeht. Die Unterseite von Corixa erscheint durch den im Körper gestauten Luftvorrat silbrig glänzend und hebt sich deutlich vom dunklen Rücken ab. Darauf angewiesen regelmäßig den Körper mit Sauerstoff aus der Luft zu versorgen, halten sich Corixa im seichtem Wasser bis maximal 3m Tiefe und gerne auch im Krautbewuchs auf. Das Auf- und Abtauchen des Insekts lässt sich mit langsamen Start-Stop Einholen der künstlichen Nymphe bis an die Oberfläche einfach imitieren.
Gewöhnungsbedürftiger ist das Einhalten eines sicheren Abstands zum Uferrand, denn Forellen jagen nach Corixa oft im knietiefen, pflanzenbewachsenem Wasser. Kann man Fliegenfischer dabei beobachten wie sie ihre Leine beim Wurf an Land ablegen, um einzig das 4-6 Meter lange Vorfach ins Wasser zu befördern, lässt sich davon ausgehen, dass diese Corixa jagenden Forellen nach stellen. Zur Winterzeit ziehen sich aber auch Corixidae ins tiefere Wasser zurück, aber niemals so tief, dass sie nicht in Wurfweite anzutreffen sind. Dann kann man auch beruhigt vom Rand aus, oder im Wasser stehend seine Würfe machen.
Sven Ostermann: Floating Corixa
Forellen halten sich nicht immer an die in Büchern und Zeitschriften vorgegebenen Spielregeln. Der taktische Zugang mittels einer statischen Trockenfliege, die relativ bewegungslos an der Wasseroberfläche hängt wird gelegentlich ignoriert. Und der künstlichen Fliege Bewegung zu verleihen und ein wenig Wasserverdrängung zu verursachen, ist scheinbar genau der Impuls den es braucht, um die Fische in Neugierde und Bisslaune zu versetzen. Synthetische Stoffe eignen sich besonders hervorragend für diesen Trick. Das Fetten der Fliege wird überflüssig und die etwas tiefer im Wasser liegende Fliege vermittelt exakt das Signal einer leichten Beute und ist trotzdem unsinkbar.
Materialliste:
Haken: Daiichi 1180 #10
Bindefaden: Dyneema
Unterkörper: Verpackungsschutzfolie
Oberkörper: Dexion dunkelgrau oder dunkelbraun
Beinchen: geknotete Fasanenstossfibern
Eine kurze Grundwicklung legen. Den Dexion Kunststoff am Ende spitz zuschneiden, um das Einbinden zu erleichtern.
Die Verpackungsfolie vor dem Kunstoff befestigen.
Nach vorne legen und lose durchhängend fixieren.
Zwei Fasanenfibern verknoten – alternativ vorgeknotete Fibern kaufen. Fibern knoten ist pitzelig und diesen Schritt kann man sich ersparen. Wer es lieber selbst machen möchte, kann zur Hilfe eine Häkelnadel heranziehen. Schließlich an der Körpermitte, an der Hakenoberseite überkreuzt anbringen.
Den Kunststoff über den verbleibenden Haken legen und am Öhr fixieren.
Nun den Kunstoff über die Hakenoberseite klappen und gut abbinden und mit einem Kopfknoten versehen.
So sieht das freche Teilchen dann von unten aus. Ich möchte nicht reinbeissen wollen – die Forellen schert es wenig was ich möchte. Viel Spaß beim Nachbinden!
Marco Reisen kann sich in diesen Monat nicht bei Fliege des Monats einbringen. Euch jedoch nur ein Muster zuzumuten geht überhaupt nicht. Nun kann ich weder mit den binderischen, noch den fotografischen Fähigkeiten von Sven und Marco aufwarten, möchte Euch aber trotzdem eine Anregung zum Binden einer Corixa, als auch anderer oberflächennaher Insekten liefern. Wie geht noch einmal das neue Werbevideo der Berliner Verkehrsbetriebe?
https://www.youtube.com/watch?v=xvcpy4WjZMs
Shuttlecock Corixa
Beim Stillwasserfliegenfischen hat sich seit einigen Jahren bereits eine Bindeweise für Emergers, oder an der Oberfläche treibende Insekten besonders bewährt – der Shuttlecock. Der wörtlich übersetzte Federball. Egal ob bei Buzzers oder eben der Corixa. Gefischt werden diese Muster statisch – soll heißen, man überlässt die Fliege dem Spiel der Wellen und der natürlichen Strömung, die in jedem Stillwasser herrscht. Von der Bezeichnung ‘still’ darf man sich eben nicht in die Irre führen lassen.
Materialliste:
Haken: Kamasan B170 #12 -14
Bindefaden: braun
Rippung: Silberdraht fein
Unterkörper: Lite Brite pearl
Oberkörper: Fasan orange
Schwimmhilfe: CDC
Drei bis vier – abhängig von der Hakengröße – CDC Federn einbinden.
Danach eine Grundwicklung legen und feinen Silberdraht zur Rippung einbinden.
Gefolgt von einem Bündel Fasanenstoßfibern.
Lite Brite Dubbing ohne Wachs am Faden anbringen.
Den Dubbingkörper bilden und die Fasanenfibern über den Körper klappen und fixieren.
Danach den Körper rippen, um die relativ brüchigen Fasanenfibern vor den scharfen Forellenzähnen so gut es geht zu schützen.
Aus dem Bündel Fibern die beiden äussersten übrig lassen und mit Fadenwindungen zur Körpermitte niederbinden. Anschließend auf die Körperlänge stutzen.
Nun zum Kopfknoten. Bei Fliegendesigns mit über das Öhr stehenden Hecheln (Parachute Stil), aber auch Nymphen mit Kopfperlen in Kombination mit einem Dubbing Thorax, lässt sich der Faden nicht immer leicht verschliessen, ohne die feinen Hechel, Fibern oder Fasern mit Lack in Berührung zu bringen und zu verkleben. Deshalb bringen wir den Lack direkt am Faden an, noch bevor wir den Kopfknoten binden.
Und voilà die fertige Fliege – auf deren Design ich beim Stillwasserfischen schwöre. Der Körper hängt senkrecht direkt unter der Oberfläche und das CDC Büschel ist selbst auf große Distanz noch sehr gut auszumachen.
Corixa Nymphe
Kommendes Wochenende geht’s ab zu den Schwiegereltern, die nur wenig Kilometer entfernt von Rutland Water wohnen. Dem Golfstrom ist es zu verdanken, dass man in England selbst im Dezember noch relativ moderate Temperaturen vorfindet. Die Krautbänke werden aber trotzdem abgestorben sein und sich zumindest im Flachwasserbereich nicht mehr bis an die Oberfläche erstrecken. Zeit also eine Corixa Nymphe auszupacken. Auf großartige Beschwerung kann man dabei verzichten, da sich Corixidae selten in Wassertiefen >3m aufhalten. Und anders als vom Boot aus, habe ich beim Bank-Fishing alle Zeit der Welt darauf zu warten, bis die Nymphe in die Tiefe sinkt in der die Regenbogenforellen cruisen.
Materialliste:
Haken: Kamasan B175 #12 -14
Bindefaden: Braun
Rippung: Pearl Lurex fein
Dubbing: Hare’s Ear
Hechel: Rebhuhn
Eine Grundwicklung legen und eine 15-20cm langen Streifen Brite Lite zur Rippung einbinden.
Aus Hare’s Ear unterschiedlicher Färbung habe ich mir eine Dubbing Mischung für den Körper zurecht gelegt.
Am Körperende wickle ich mit dem Brite Lite einen reflektierenden Butt, bevor ich die Rippung anbringe. Damit der transparente Rippungsstreifen das Dubbing komplett abdeckt, umwickle ich die Rippung zwei mal. Das Brite Lite schneide ich nach dem Fixieren noch nicht ab, da ich es für einen weiteren Bindeschritt brauche.
Eine Rebhuhnhechel bereite ich so vor, dass ich die Fibern nach hinten streiche und die Hechel an der Spitze einbinde – denn der Kiel der Hechel ist recht dick. Nach jeder Umwindung streife ich die Fibern nach hinten zur Hakenbeugung. Zwei Windungen sind absolut ausreichend, da die weiche Hechel pulsierend im Wasser spielt.
Nachdem die Hechel abgebunden wurde, kommt das Brite Lite noch einmal ins Spiel.
Unmittelbar vor der Hechel bringe ich einen weiternen reflektierenden Streifen mit einigen Windungen Brite Lite an, bevor ich die Fliege abbinde und mit einem Kopfknoten versehe. Eine verführerische Nymphe, die sicherlich nicht nur im Stillwasser funktionieren wird. Viel Spaß beim Nachbinden!
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Jürgen Wegscheid says
“Wieder mal alles vom Feinsten” (;-))
Freue mich schon auf die kommende Session, dann ziehen wir mal los!
Tankred Rinder says
Danke Jürgen – so geht es mir auch! Freue mich auf den gemeinsamen Ausritt. Habe sogar einen besonderen Wochenend Ausflug in petto, mehr dazu Anfang des Jahres.
Viele Grüße, Tankred
Jürgen Wegscheid says
gerne, geeerne, GEEEEERNE (;-))