Der April verlief seltsam. Monatelang scharte ich mit den Hufen endlich wieder regelmäßig ans Wasser zu kommen. Den Salutschuss zur Forellensaison pünktlich ausgenutzt, gelang mir mit einer 38er auch ein schöner Start an der Kyll in diesem Jahr. Seitdem ergaben sich aber wenige Gelegenheiten diese frühe Verheißung der laufenden Saison vollends auszukosten. Seit zwei Jahren schon fahren mir im Monat April regelmäßig andere Umstände in die Parade. Erst das EWF Wochenende – als Aussteller ein unumgängliches Highlight – dann der Geburtstag meiner Frau der seitdem wir eine junge Familie sind, immer weniger oft von meinen Ausflugswünschen beeinflusst wird. Hey – auch in Leipzig über Ostern war es klasse und die Bauhaus Sehenswürdigkeiten in Dessau zu besuchen war eine Bereicherung. Happy wife – happy life!
Zum Glück gravitieren mehr und mehr anglerische Bekanntschaften in mein Leben. Die nicht nur meine Leidenschaft für das Fliegenfischen teilen, sondern auch für das Verfassen von Texten. So freut es mich besonders mit dem ‘Am Haken’ Redakteur Marcel Winkens einen Partner gefunden zu haben, der sich von nun an regelmäßiger in die Seite
Forelle & Äsche einbringen wird. Wie es ihm zum Auftakt in die Forellensaison erging, lässt er uns im nachstehenden Beitrag wissen. Willkommen im Team, Marcel!
Ein später Saisonbeginn an der Kyll
Meine Fliegenfischer-Saison begann dieses Jahr erst spät, am Ostersonntag. Dauer-Hochwasser an der Rur, meinem Heimatfluss, hatte mich den Schleien und Karpfen meines Vereinsweihers nachstellen lassen und so kam es, dass ich mit über einem Monat Verspätung in die Fliegenfischer-Saison startete.
Ich konnte dieses Frühjahr die Not erleben, die Thomas McGuane in seiner Hochwasser-Geschichte von den Fliegenfischern in Montana berichtete. Das schönste Wasser liegt vor einem, aber durch das Hochwasser ist an Angeln nicht zu denken, einfach zu viel Wasser. Da wo im Sommer sanfte fünf Kubikmeter pro Sekunde fließen, waren es Mitte März 120 Kubik pro Sekunde. Die Rur, dort wo ich wohne ein friedliches Eifel-Flüßchen, war in den ersten vier Wochen der neuen Saison zeitweise ein tosender Strom, zeitweise eine braune Brühe, auf jeden Fall aber viel zu schnell dahinfließend und zumindest für mich unbefischbar. Da ich kein trittsicherer Watfischer bin, gehe ich erst bei etwa acht Kubik-metern pro Sekunde in den Fluss, ein Wasserstand der in diesem Jahr erst Mitte April erreicht wurde.
Wie viel freundlicher präsentierte sich da zu Ostern die Kyll bei Hillesheim. Sanft fließt sie von Neubettingen an Dohm-Lammersdorf vorbei, dort, wo der Angelvein Hillesheim seine Pachtstrecke hat, für die es auch Tageskarten zu erwerben gibt(www.fliegenfischen-eifel.de). Meine Frau hatte Hillesheim als Oster-Domizil für uns ausgesucht, da man dort Angeln (meine Leidenschaft) und Reiten (ihre Leidenschaft) ausgezeichnet verbinden kann. Schnell war eine geeignete Unterkunft für uns und die Pferde gefunden, etwa anderthalb Kilometer von der Kyll entfernt.
Kurz nach unserer Anreise mit Wohnmobil und Pferdeanhänger sattelten wir unsere Island-Pferde und ritten in der beginnenden Abenddämmerung an die Kyll. Vom Pferd aus kann man sich einen guten Überblick über die Strukturen und Gegebenheiten an einem neuen Gewässerabschnitt verschaffen. Der höhere Blickwinkel erlaubt eine andere Perspektive, ich konnte die Kyll weiträumiger und entspannter überblicken als auf Schusters Rappen. Schnell waren so ein paar schöne Gumpen und Rinnen identifiziert, die ich mir am morgigen Ostersonntag vornehmen wollte.
Meine Hoffnung, an diesem Abend vielleicht den ein oder anderen Fischer am Wasser anzutreffen, diesen ein wenig beim Fischen zusehen zu können und vielleicht die ein oder andere hilfreiche Information zu erhaschen, zerschlug sich bald. Dieser Kyll-Abschnitt war menschenleer, ja lag geradezu verwunschen schön da, lediglich die etwas höher gelegene Straße und die dort ebenfalls verlaufende Eisenbahntrasse erinnerten an die unweite Zivilisation.
Mit Bildern von wunderschön getupften Eifel-Bachforellen schlief ich abends ein. Der Ostersonntag begann sonnig, so dass ich beschloss, morgens noch einmal auszureiten und den Fischzug auf den frühen Abend zu verlegen, wenn die Höhenzüge der Eifel etwas Schatten auf das Kyllwasser werfen würden. Gegen halb fünf nachmittags war ich am Wasser, zog meine Watkleidung an und baute gemächlich meine Ausrüstung zusammen. Wieder war ich alleine am Wasser.
Die ersten Würfe nach einem halben Jahr Abstinenz absolvierte ich sicherheitshalber aus der Mitte des Flußbettes flussabwärts. Ich wollte zuerst einmal die müden Knochen ein wenig ölen, die so gänzlich aus dem Training waren, ein wenig Gefühl für die im Winter neu erstandene sechsteilige RST-Reiserute entwickeln und sehen, wie sie mit der gutmütigen Triangle-Taper-Schnur zusammenarbeitete. Die ersten Driften verliefen ohne besondere Vorkommnisse, sowohl mit der Fliege im Wasser als auch mit der Fliege in der Luft. Kein Biss, kein Baum, so weit, so gut. Das Gefühl für den rechten Schwung kommt ja dann doch schnell wieder zurück, wenn man erst einmal im Wasser steht.
Meine aufs Geratewohl angebundene Prince-Goldkopf-Nymphe erwies sich schnell als zu leicht für die tieferen Rinnen und ich wechselte auf eine beigebraune Jig-Nymphe, die ich gezielt vor den Zusammenfluss zweier Rinnen warf, um sie in den dahinter liegenden Mini-Gumpen treiben zu lassen. Und schnapp, siehe da, da war die erste Forelle der Saison, eine kleine Rotgetupfte mit ewa 15 Zentimetern Länge. Immer noch reichlich mit Fischegeln versehen, zog ich sie vorsichtig zu meinen Füßen heran, machte einen schnellen Schnappschuß mit dem Handy, löste den Haken und ließ sie zurück an ihren Standort schwimmen.
Die fern im Hinterkopf dräuende Schmach eines fischlosen Saisonbeginns war schon einmal besiegt. Nicht dass ich abergläubisch wäre, aber es gibt doch keinen größeren Unterschied beim Angeln als den zwischen keinem Fisch und einem Fisch, insbesondere wenn man schon so verwegen ist, die neue Saison an einem unbekannten Gewässerabschnitt zu eröffnen. Petrus war mir also hold.
Ich verließ den Angelplatz und ging am Ufer stromaufwärts, etwa hundert Meter, wo ein langer, langsam dahinfließender Zug begann, den ich stromauf befischen wollte. Der Weg ins Wasser sah einfach aus, doch ich hatte die Rechnung ohne den schlickigen Ufersaum gemacht. Mein rechter Watschuh steckte beim ersten Schritt schon komplett im braunen Matsch. Mein linker Fuß sank nicht ganz so tief ein, so dass ich Ihn nach vorne zog und den nächste Schritt machte. Mit langsamen Wippbewegungen löste ich mich aus der sumpfigen Umklammerung, nicht ohne eine Schlammwolke flussabwärts zu senden. Vor mir flohen ein paar Kleinfische, vielleicht sollte ich es später ja mal mit einem Streamer versuchen. Ich fischte den langsamen tiefen Zug vor mir ab, aber erfolglos.
Am Ufer entlang lief ich bis zu einer Stelle, die einen tiefen Gumpen offenbarte, so tief, dass nur ein Wurf vom Ufer möglich war. Ich warf die Nymphe stromauf, mendete meine Schnur und sah, wie die Verbindung zwischen Fliegenschnur und Vorfach stromaufwärts zuckte. Der Anhieb brachte eine weitere Bachforelle, dieses mal etwas größer, vielleicht fünfundzwanzig Zentimeter. Auch dieser Fisch war noch voll mit Fischegeln und er hatte sehr grundnah gebissen. Zwar sah ich vereinzelte Ringe, doch von der bekannten Steigfreude der Kyll-Forellen war noch nicht viel zu sehen. Die paar vergangenen warmen Tage konnten eben nicht darüber hinwegtäuschen, dass der April insgesamt doch noch recht kühl verlaufen war. Ein echter Insektenschlupf wollte sich an diesem Abend dann auch nicht einstellen.
In dem abwechslungsreichen Flußstück folgte nun eine Rieselstrecke mit ein paar Rinnen und dichtem Pflanzenwuchs, aber ich sah keinen Fisch. Auf gut Glück fing ich zwei kleine Bachforellen unter den Krautfahnen, beschloss dann aber schnell weiterzuziehen, um nicht im Kindergarten zu wildern. Ich ging noch einige hundert Meter stomaufwärts und fischte an einem Wehrbalken, aber glücklos. Dort wechselte ich das Ufer, watete durch eine Flachstelle auf die andere Seite und schlich mich an den tiefen Gumpen zurück, aus dem ich schon eine Forelle gefangen hatte. Der schwarze Wooly Bugger sollte es richten, er passte von der Größe zu den Kleinfischen, die ich zuvor gesehen hatte. Die Sonne färbte die Szenerie in wunderbar rötliches Abendlicht und begann nun, komplett hinter der nächsten Kuppe zu verschwinden. Es würde bald kühl werden.
Ich warf meinen Streamer so gut es ging über den Gumpen, nah ans Gebüsch und unter die moosüberwuchterten umgestürzten Baumstämme, die das Ufer säumten. Ein paar Augenblicke ließ ich den Streamer sinken bevor ich anzog. Ich spürte einen schnellen Schlag in der Rutenspitze, doch der Fisch hing nicht. Und er ließ sich auch mit ein paar weiteren Würfen nicht überreden. Ich warf jetzt noch einmal vor meinen Füssen auf die gegenüberliegende Flussseite aus und fing prompt einen knapp 30 Zentimeter großen Fisch, wieder eine Bachforelle, der mir im Drill mit ein paar gewitzten Fluchten viel Freude bereitete. Auch sie ging unversehrt zurück.
Aber ich mußte noch mal näher an das Gebüsch, ganz nah, da mußte doch ein guter Fisch sein.
Vorschwung, Rückschwung, Vorschwung. Und drin. Im Gebüsch. Unlösbar. Adieu Wooly Bugger, danke liebe Kyll für diesen schönen Fischtag.
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