Wenn sich die Luft an Sommertagen bereits früh vormittags stark erwärmt, sich keine Wolke am Himmel zeigt und kein noch so leichtes Lüftchen Abkühlung verschafft, wirkt sich dieser Umstand meist mehrfach unvorteilhaft auf das Fressverhalten von Forelle & Äsche aus.
Leichter Wind bringt den Vorteil mit sich, die Wasseroberfläche zu brechen und uns FliegenfischerInnen vor dem wachsamen Auge von Salmoniden besser zu schützen. Somit fällt es uns um vieles leichter sich unserer Beute zu nähern, ohne die vielleicht morgens im seichtem Wasser stehenden Fische bereits aus der Ferne, mit fetten Bugwellen das Weite suchen zu sehen.
Leichter bis mittelstarker Wind der durch den Uferbewuchs bläst, befördert unzählige Landinsekten – von Ameisen über Raupen zu Käfern – auf das Wasser. Forellen & Äsche ernähren sich opportunistisch und ein hilflos im Wasser treibendes und dabei vielleicht noch zuckendes Insekt, wird selten verschmäht.
Starker Sonnenschein wird häufig als großer Feind von FliegenfischerInnen bezeichnet. Bringt dieser aber keine heftige Temperaturerwärmung mit sich und tritt er dabei noch in Kombination mit einem gesunden Lüftchen auf, wirkt sich die gemäßigte Erwärmung positiv auf das Schlüpfverhalten aquatischer Insekten aus und signalisiert somit Forelle & Äsche einen reich gedeckten Tisch.
Trotz vielzitierter Sonnenscheue mangels an Augenlidern, zieht sich Salmo trutta beim Anblick erster Sonnenstrahlen nicht unbedingt sofort in ihren Ruheplatz an ausgeschwemmten Ufern, tiefen Gumpen oder unter umgestürzten Bäumen zurück. Wieder auf der Suche nach Fressbarem, in Wasser dessen Sauerstoffgehalt noch unbeeinträchtigt von erhöhter Temperatur zur gemächlichen Futteraufnahme ausreicht, zeigen sich kapitale Forellen oft, wenn diese langsam aus der Tiefe eines Pools auftauchen. Gelassen stehen sie dabei in der Strömung oder patrouillieren ihr Revier flussauf und ab. Manchmal, ganz gelegentlich wird dabei das Maul dabei geöffnet um sich Protein in irgendeiner Form – zumeist in winzigen Dosen – zuzuführen.
Es trifft aber zweifelsohne zu, dass Forellen im sommerlichen glasklarem Niedrigwasser, bei prallem Sonnenschein und fehlender Wolkendecke, eine besondere Herausforderung darstellen an das Geschick, die Geduld und vielleicht auch die Einstellung zur eigenen Erwartung: wodurch definiert sich eigentlich ein erfüllender Tag am Wasser?
«The sporting qualities of a fish are dependent neither on its size nor its weight, but on the effort of concentration, the skill and the mastery it demands from the fisherman» Charles Ritz
Im letzten Hochsommer wurde meine Geduld und meine Antwort auf diese Frage redlich auf den Prüfstand gestellt. Der etwa fünfzig Meter lange Pool an dem ich stand, lag vor mir glatt wie die Oberfläche meines Badezimmerspiegels. Trotz erhöhter Temperatur befand sich ein moderater Blue-winged Olive Schlupf im Gang und gelegentlich wurde meine Konzentration auf die Platzierung des nächsten Wurfs vom zarten Aufsaugen eines Insekts unterbrochen.
Verwunderlich eigentlich, dass das Steigen dabei häufig hinter mir stattfand. Zugleich ein gutes Indiz das vorsichtiges Waten Forelle & Äsche rasch wieder zur Ruhe bringt, auch wenn man sich offensichtlich nahe an stehenden Salmoniden durchs Wasser begibt. Also, auf Samtpfoten raus aus dem Wasser, die Länge des Pools weitläufig umgehen und sich nochmals den steigenden Fischen anpirschen.
Mein Blick über den spiegelglatten Pool liess dabei meine Knie erweichen. Konnte ich doch ein halbes Dutzend großwüchsiger Forellen auf ihrer Patrouille beobachten. Selten bot sich mir bisher die Gelegenheit Forellen und ihr Verhalten dabei aufs genaueste zu beobachten. Und was ich in den folgenden Stunden erleben konnte, bleibt uns FliegenfischerInnen zumeist verborgen.
Einzig in glasklarem Wasser können FliegenfischerInnen die wahre Herausforderung, sowie den gelegentlichen Triumph Forelle & Äsche zu fangen wirklich hautnah erleben. Man kann auch sonst wo Fische fangen, man kann überall steigende Fische fangen, aber nirgendwo anders als in glasklarem Wasser wird jede Handlung und Reaktion unserer Beute in ähnlicher Anschaulichkeit vor Augen geführt. Unter diesen Bedingungen kann man Fische sehen wenn diese nicht steigen, wenn sie daran denken zu steigen, und wie sie sich verhalten nachdem sie stiegen. Anders als in naturtrübem Wasser oder Stehgewässern, erfahren wir nicht nur das ein Fisch gebissen hat, wir werden Zeuge wie es dazu kam – oder auch nicht!
Wenn man Fischen zusehen kann, wie diese die präsentierte Trockene nach dem leichten Aufsetzen anpeilen, unter dieser stehend sich meterweit abtreiben lassen und genauestens ins Auge fassen, um sich in in neun von zehn Fällen letzlich abzuwenden, sind das Eindrücke die sich tief in unser Gedächtnis brennen. Mein Herz blieb stehen, als eine kapitale Forelle die auf sie zutreibenden Griffins Gnat (Größe 18) mit ihrer Nase anstupste, um diese auf Ihre Fressbarkeit zu testen. Die panische Reaktion der Forelle nach der Einsicht, beinahe einem fatalen Fehler erlegen zu sein, zog eine meterlange Bugwelle hinter sich her. Ein wahrlich unvergesslicher Anblick und Moment!
Seltsam eigentlich, wie wir beim Anblick eines Prachtexemplars an Fisch die Luft anhalten, wenn dieser seiner Brustflossen leicht in Bewegeng setzt und uns Beobachtern seine Absicht signalisiert, unsere Fliege zumindest untersuchenswert zu befinden. Als ob unser Atemzug oder das Rasen unseres Pulses sich direkt auf unsere Beute übertragen und dadurch am zupacken hindern würde. Wenn sich dann gelegentlich das Maul öffnet, dabei das Weiss des Rachens zu erkennen ist, liegt es einzig an uns zu warten bis sich die Klappe schliesst, um den Haken sicher zu setzen.
Nach vielen Stunden vergebener Mühe, liess sich letztendlich eine Forelle aus dem Trupp dazu verleiten meinen Emerger genüsslich einzusaugen. Mit einem sanften Schmatz verschwand meine Fliege. Der in wenigen Sekundenbruchteilen folgende Fluchtversuch – nach der Erkenntnis einer Verführung zu erlegen sein – liess den ruhigen Pool erzittern und unter den Wogen der aus der Luft fallenden Forelle, verschwand der Rest der vorsichtigen Fische in die Tiefen des Flusses.
The chase is (sometimes) better than the catch
Mit der Nymphe auf Sicht? Mehr dazu in unserem Buch – ‚Nymphenfischen: Geheimnisse entlarvt‘
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Tankred Rinder says
Hallo Alex,
danke für dein Lob! Es freut mich sehr, dass du mit Freude meinen Beiträgen folgst.
Deinen Artikeln auf https://flybei.wordpress.com/ kann ich ebenfalls entnehmen, dass die Ausflüge ans Wasser von viel Spannung und hochgradigen Erlebnissen gekennzeichnet sind.
Bis bald hoffentlich,
Tankred
Alex says
Hallo Tankred,
ein wunderbarer Erlebnisbericht! Vielen Dank für Deine interessanten Ausführungen.
Tight Lines
Alex